Foren im Internet werden von Unternehmen unterschätzt. Ein Selbsttest zeigt schnell, warum: Informiert man sich über Suchmaschinen, so findet man gerade zu komplexeren Themen relevante Diskussionen in Internetforen. Das Besondere an dieser Kommunikation ist ihre Langlebigkeit. Oft sind Nutzerbeiträge in Foren noch nach vielen Jahren sehr präsent in den Suchergebnissen. Forenbeiträge prägen daher mitunter start das Bild und die Meinungsbildung, gerade bei umstrittenen oder emotionalen Themen. Daher ist Unternehmen aus meiner Sicht zu empfehlen, Foren als bedeutsame Plattformen in ihre Monitoring-Aktivitäten und ihre Strategie für Online Reputation Management aufzunehmen.
Foren sind der im Gegensatz zu aktuellen Plattformen wie Facebook, Instagram und Blogs der am meisten unterschätzte Teil des Web. Egal, ob es um Hobbys geht, um Technologien oder um persönliche Themen wie Lifestyle oder Gesundheit: Online-Foren sind nicht nur der mit Abstand älteste Teil des Social Web, sondern auch der mit der größten inhaltlichen Tiefe.
Wikipedia definiert: Ein Internetforum (lat. forum, Marktplatz), auch Diskussionsforum, ist ein virtueller Platz zum Austausch und Archivierung von Gedanken, Meinungen und Erfahrungen. Die Kommunikation findet dabei asynchron, das heißt nicht in Echtzeit, statt. Englische Bezeichnungen dafür sind internet forum, message board und webboard.
Foren existieren schon sehr viel länger als das bunte, kommerziell orientierte World Wide Web, das wir heute kennen. Das Usenet entstand bereits Ende der der Siebziger. Sehr häufig landen wir in Foren, wenn wir auf Antworten auf ganz einfache Fragen stoßen: Wie bringe ich den digitalen Sound an meinem Fernseher zum Laufen, wie gelingt die Suppe am besten, auf welche Nahrungsmittel sollte ich bei bestimmten Beschwerden besser verzichten? Es gibt nichts, was in Foren nicht irgendwann einmal thematisiert wurde. Und die Diskussionen, die dort zu den entsprechenden Themen geführt wurden, sind sehr gut via Google auffindbar – oft unabhängig davon, wie ihr Nutzwert ist. Wer kennt das nicht: Man sucht die Antwort auf eine Frage, landet immer wieder in Foren, in denen die Frage gestellt wird, aber niemand die Antwort kennt. Früher oder später stößt man dann auch auf den obligatorischen Besserwisser, der dem Fragesteller mit auf den Weg gibt: „Benutz doch mal die Suchfunktion des Forums bevor Du so blöd fragst.“
Man kann Foren lieben oder hassen, aber sie sind da, und sie sind höchst relevant für die Reputation von Unternehmen, Marken und Produkten. Daher finde ich: Kommunikationsverantwortliche sollten sich mit Foren befassen. Dringend. Regelmäßig.
Selbiges gilt für Frage-Antwort-Plattformen. Websites wie „gutefrage.net“ oder „Wer weiß was“ sind mächtige Instanzen. Sie prägen die Suchergebnisse bei vielen Themen. Daher lohnt es sich, wenn Unternehmen diese Plattformen auf Relevanz für ihre eigenen Themen, Marken und auch Management-Persönlichkeiten untersuchen. Werden dieselben in Internetforen diskutiert? Prägen sie eventuell mehr als vermutet die Online-Reputation in den Suchergebnissen?
Unternehmen schrecken naturgemäß davor zurück, sich selbst auf Frage-Antwort-Plattformen zu engagieren. Eine Alternative, die oft nicht bedacht wird: Es ist relativ leicht, zu einem definierten Thema eine eigene Fragen-Antworten-Plattform einzurichten. Wir selbst haben beispielsweise auf wissen.lotsofways.de die Möglichkeit geschaffen, Fragestellungen rund um Content Marketing und Websites zu diskutieren.
Was unterscheidet Foren von Blogs?
Die Frage, wo eigentlich die Unterschiede zwischen Blogs und Foren liegen, wird in Basisworkshops zum Thema Social Media in der Unternehmenskommunikation dennoch recht häufig gestellt. Die naheliegenden technischen und formalen Unterschiede liegen ja auf der Hand; einige Basics dazu vermitteln diese beiden Folien aus einer unserer Einsteigerpräsentationen.
Hinsichtlich der Motivation von Bloggern und Forenmitgliedern gibt es bedeutsame Unterschiede. Ich habe gerade einmal mit einer Tabelle zum Thema begonnen – und möchte diese auch in der überarbeiteten Neuauflage von Social Media Relations nutzen, die in der zweiten Jahreshälfte erscheint. Dabei kam mir eben ganz spontan eine Crowdsourcing-Idee: Ich stelle die Tabelle hier zur gemeinsamen Bearbeitung zur Verfügung. Für mich ein Experiment – ich bin gespannt, wer hier etwas beitragen möchte. Wer dabei seinen Namen hinterlässt kann damit rechnen, dass die Inhalte (nach Rücksprache) ins Buch übernommen werden.
Update: Die interaktive Tabelle aus dem Jahr 2012 ist für neue Einträge geschlossen, hier zur Dokumentation der Stand.
Blogs | Foren |
Der Blogger setzt das Thema, die Blogbesucher kommentieren unter dem Blogbeitrag. Der Blogger ist klar im Lead. Er (sie) schärft seinen/ihren Status als Experte, Persönlichkeit. Die Kommentierenden bringen ihre Aufmerksamkeit durch Wertschätzung oder Kritik zum Ausdruck. Dennoch gibt der Blog-Inhaber den Ton an, betreibt die Themenplanung für sein Blog. | Der Betreiber eines Forums gibt die inhaltlichen Leitplanken vor, aber nicht die einzelnen Themen. Jeder Forennutzer kann einen neuen Diskussionsfaden im Forum eröffnen, solange dieser nicht völlig außerhalb des Themenspektrums des Forums liegt. |
Blogger publizieren teilweise unter ihrem bürgerlichen Namen, teilweise unter Künstlernamen. Relativ häufig kann das Blog einer realen Person zugeordnet werden. Die Themengestaltung ist sehr persönlich, kann sich ändern, wird von einer Person bestimmt. | Die Nutzer von Foren publizieren häufig unter Pseudonym. Ihre Motivation zur Teilnahme im Forum ist häufig Leid oder Leidenschaft. Es geht in Foren beispielsweise (!) um tolle Hobbys – von Technik bis zu Sport oder Kochen – oder um Themen mit Leidensdruck wie Krankheiten. |
Blogger haben vor allem das Interesse, Inhalte zu publizieren und sich als Experten zu positionieren. | Die Betreiber von Foren bieten Gleichgesinnten eine Plattform zum Austausch. Sie haben nicht zwangsläufig ein Interesse daran, eigene Inhalte zu veröffentlichen. Oft sind sie „Überzeugungstäter“. |
Push-Kommunikation: Thema dem Leser vorgeben / Interesse wecken; eigene Festlegung der Kommunikationshäufigkeit | Pull-Kommunikation: Reaktion auf ein Thema/Problem; „getrieben werden“ durch andere; eventuelle hohe Rektionsgeschwindigkeit von Nöten |
eventuell kurzfristig interessant, da gerade aktuell | Durch Probleme / Fragen immer wieder — auch für andere als den Fragenden — interessant |
Tipps für Unternehmen, die in Foren aktiv werden möchten
Doch wie nimmt man als Vertreter eines Unternehmens oder einer Marke an Diskussionen in Foren teil? Patrick O’Keefe ist seit dem Jahr 2000 auf die Betreuung von Online-Foren spezialisiert und fasst in einem sehr interessanten Blogposting (englischsprachig) zusammen, worauf es beim Community Management und beim Brand Engagement in Foren ankommt.
Seine wichtigsten Punkte:
- Es reicht nicht, in Foren auf Corporate-Inhalte zu verlinken. Wer sich als Unternehmensmensch dort engagieren möchte, der wird nur willkommen sein, wenn sie/er auch tatsächlich individuelle Inhalte mit Nutzen für die Forenmitglieder beitragen kann und möchte.
- Die meisten Foren veröffentlichen Richtlinien – die Spielregeln, die in der individuellen Community gelten. Diese gilt es zu beachten, wenn man als Unternehmensvertreter – und damit „Gast“ – dabei sein möchte.
- Transparenz schaffen in der Signatur: Wenn sich Unternehmensvertreter an Forendiskussionen beteiligen, dann sollten sie offenlegen, dass sie für ein Unternehmen tätig sind. Allerdings ist nicht das Unternehmen Absender der Beiträge, sondern immer die individuelle Person.
- Mit der Langlebigkeit von Foren-Posts rechnen: Das entspricht auch meiner eigenen Beobachtung; Beiträge in Foren sind oft sehr viel länger abrufbar als Posts in Social Networks. Daher sollten Unternehmensvertreter genau prüfen, was sie dort veröffentlichen – die Auswirkung auf die Unternehmensreputation und auch auf die persönliche können langfristig sein.
Neben Ihrem berechtigten und wertvollem Hinweis auf Blogs und Foren – und der immer viel zu starken Akzentuierung auf Facebook & Co – möchte ich für der Gründung eigener Sozialer Netzwerke (ob interne oder öffentliche) eine Lanze brechen:
Beispeilsweise bei
kann man ohne eigene Programmier-Kenntnisse sowohl inhaltlichen wie
optischen Einfluss auf sein eigenes Soziales Netzwerk nehmen.
Sie haben jederzeit die Möglichkeit, Ihre Community selbst wieder zu
löschen – ohne Kündigungsfrist, ohne Begründung, in Ihrer eigenen
Community-Verwaltung – ohne Risiko – jederzeit – kostenlos – seriös.
Heute schon sind diese Tools und Möglichkeiten in den Sozialen Netzwerken bei integriert – mehr Infos dazu unter .
Ganz wichtig erscheint mir, dass jedes Netzwerk anders kommuniziert
und deshalb auch jeder seine eigenen Module, Tools und Software
benötigt. Damit aber eCollaboration nicht in unendlich vielen
Insellösungen endet, kann man sich jedes Modul, Feature, jede Software,
die für Ihre individuelle Kommunikation in der Community wichtig
erscheint, hinzu programmieren lassen – Beispiele dafür sind:
– Projekt-Management-Tool
– Virtuelle Messe – auch 3dimensional
– Termin-Verabredungs-Tool
– Shops
– eLearning-Software z.B. ILIAS
– Abrechnungs-Tools für Ihre Events
– Börsen z.B. für Jobs, Kooperationen, Finanzen, usw.
– Radio-/TV-Tool
– Wissens-Management-Datenbank
– WIKI
– mindmapping
– oder andere spezielle – auf Ihre und die Bedürfnisse Ihrer ZG abgestellte – Tools, Features, Software
Das ist wohl der größte Vorteil eigener eCollaboration-Networking-Plattformen.
Wichtiger und interessanter Beitrag, wozu ich einen Punkt ergänzen bzw. bekräftigen möchte:
Forenuser können sensibel reagieren, sobald sie das Gefühl haben, man ist nur in einem Forum aktiv um sein Unternehmen oder sein Produkt vermarkten zu wollen.
Daher ist es entscheidend, die fachliche Kompetenz in den Vordergrund der Beiträge zu rücken, ohne penetrant zu wirken.
Wie bereits im Artikel gesagt, sollte man etwas Zeit und Gedanken in einen Beitrag investieren, denn dieser bleibt für eine längere Zeit „present“ als Social-Media Beiträge.
VG Nico